Spiel und Demokratie: Wie spielerische Methoden demokratische Prinzipien vermitteln

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Spiel und Demokratie: Wie spielerische Methoden demokratische Prinzipien vermitteln

Das Streben nach demokratischen Haltungen gehört zur Gründungs-DNA der AGB.
Spielpädagogik und soziokulturelle Animation entwickelten ihre Methoden in Deutschland (Remscheid) unter dem Eindruck der 68er-Bewegung. Sie war als Antwort auf die „Schwarze Pädagogik“ der Nachkriegszeit gedacht. In den USA war es die Antikriegsbewegung zur Zeit des Vietnamkrieges, in der die „New Games“ als Großgruppenspiele entstanden sind. Wikipedia: New Games

Vor diesem Hintergrund sind unsere Ziele bei allen Spielen und Methoden in der Gruppenarbeit: 

  • Streben nach Transparenz in der Gruppenleitung (offene Teamsitzungen)
  • breite Beteiligungsmöglichkeiten (Kommunikationsstrukturen schaffen, die bei der (Weiter-)Entwicklung der Regeln die GruppenteilnehmerInnen unterstützen)
  • Methoden und Spiele entwickeln, die gemeinsames Gewinnen ermöglichen (Wir lösen gemeinsam das Problem, es gibt keine VerliererInnen.)

Wesentliche Grundprinzipien der Demokratie werden wirksam:

  1. Jede Stimme/jeder Mensch zählt
    Dafür ist es wichtig, dass Gruppenbildungsprozesse so gestaltet werden, dass sich alle TeilnehmerInnen wahrgenommen fühlen: Namen kennenlernen, paarweise Austausch von Informationen austauschen und gemeinsam handeln, um alle zu spüren und zu sehen (Kreis, Singen…)
  2. Kommunikationsformen schaffen, die alle beteiligen
    Die Abwechslung von Paargesprächen, Klein- und Großgruppe ermöglicht und fördert persönliche Beteiligung. Im ersten Buch der AGB-Gründer Reinhold Rabenstein und René Reichel „Großgruppen-Animation“ (1981) finden wir schon die verschiedenen Kommunikationsformen für große Gruppen. Auch alle modernen Großgruppenformate von „Open Space“ bis „World-Café“ arbeiten mit dem Prinzip der kommunikationsfähigen Kleingruppe.
  3. Transparenz bei den Regeln
    – Regeln sind die Vereinbarung der MitspielerInnen, um miteinander spielen zu können.
    – Regeln sind keine Naturgesetze, sie sind veränderbar. Dafür braucht es ein Time Out und eine Kommunikationsform, in der Gruppenregeln neu gestaltet werden können.
    – Gruppenregeln brauchen einen Konsens der MitspielerInnen und die gemeinsam vereinbarte Art der Kontrolle dieser Regeln.

 

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Einige Anregungen – Spiele und Methoden für Demokratie in der Gruppe:

Für den Beginn eines Seminars:

Stimme und Stimmung wirken im gemeinsamen Singen zusammen. Nach dem ersten Versuch mache darauf aufmerksam, dass für die Harmonie neben der eigenen Stimme das Hören der anderen Stimmen wesentlich ist.

  1. Augen schließen und einen Ton zu summen – in Einklang kommen.
  2. Kanon: Guten Morgen https://www.youtube.com/watch?v=pmrApxT3w9g
    Für jene, die gerne Noten haben: https://www.liederprojekt.org/medien/Lieddokumente/30315_Guten_Morgen_good_morning.pdf
    Dieser Text ist natürlich vielfältig variierbar; zum Beispiel:
    I:Zum Geburtstag:I I:lieber Jakob:I I:alles Gute:I I:viel Glück und viel Segen:I

 

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Spots in Würfelaugen

Die TeilnehmerInnen bewegen sich zur Musik im Raum – Musik bricht ab und du zeigst eine Seite des Würfels. Die TeilnehmehmerInnen stellen sich in Zahl und Form der Würfelaugen zusammen und erhalten eine rasch umzusetzende Aufgabe. Danach kommt wieder die Musik – Bewegung im Raum und nach Musikabbruch neue Würfelseite.

Beispiele für Aufgaben zu jeder Würfelseite:

2: Findet bei euch drei Gemeinsamkeiten und drei Unterschiede.

3: Die in der Mitte stehende Person hat ein Fest und darf sich ein Lied wünschen, das dann die beiden anderen ihr/ihm singen.

4: Bilaterale und multilaterale Beziehungen knüpfen – zuerst von meinem Standort aus viele erreichbare Hände schütteln, danach vom eigenen Platz aus mit möglichst vielen Personen in Berührung sein. So entsteht mit mehr Anstrengung ein Netzwerk.

5: Angenommen, ihr hättet einen gemeinsamen Tag, was wäre das Tollste, was ihr gemeinsam machen könntet? Danach kann die Aufgabe gestellt werden: Zeigt auf „Los!“ zu der Person, welche auf das Ergebnis den stärksten Einfluss gehabt hat.

6: Der/die Mittlere hat einen Rundflug gewonnen – die vier anderen sind das Flugzeug und tragen die Person einmal im Kreis herum.

7: Aufeinander verlassen: Die beiden Dreierreihen drehen einander den Rücken zu, beim jeweils mittleren der drei Personen wird eingehackt, danach lehnen sich die drei an die Rücken der hinteren Dreierreihe – Zeit zum Entspannen und gemeinsam einen Ton zu summen.

Woher wir kommen:

Zusammenstellen in Gruppen anhand von „Ich bin geboren…

  1. …in der Stadt, dem Ort, in dem ich jetzt lebe.“
  2. …in dem Bundesland, in dem ich jetzt lebe.“
  3. …in einem anderen Bundesland oder im angrenzenden Ausland.“
  4. …in einem anderen Land der Welt.“

Danach ein zweiter Durchgang mit der Frage: „Mein Elternteil (oder Großelternteil), der am weitesten entfernt geboren ist“

Im Anschluss gibt es eine Möglichkeit des Austausches und Zeit zum Erzählen von Geschichte(n) in Kleingruppen oder im Plenum.

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Glückstopf            

Austausch in Kleingruppe (5-7 Personen)

Vorbereitet sind Karten mit unterschiedlichen, für die Zielgruppe als Denkimpulse ausgewählten Begriffen, die verdeckt liegen. Mögliche Begriffe: Eltern und Politik – Fremde Menschen – Religion – Zuhause – Reisen – Streit – Alleinsein – Alter/alt sein – Freiheit – Wahrheit – typisch Mann – typisch Frau – Polizei – Sicherheit…  

Eine Person zieht die oberste Karte und erzählt, was dieser Begriff für sie bedeutet. Es wird nicht darüber diskutiert, Fragen dürfen gestellt werden. Nächste/r zieht…

„Ökolopoly“ von Frederic Vester (ausborgen oder antiquarisch besorgen)

Ein Brettspiel, bei dem alleine oder in Gruppen versucht wird, einen Staat zu leiten.

https://www.spieletest.at/gesellschaftsspiel/4707/okolopoly

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Wir wählen

Wahlergebnisse können in Gruppen erlebbar gemacht werden.

Die Gruppe ist die Gesamtbevölkerung eines bestimmten Staates.

Nach Prozentzahlen die Gruppe teilen, indem die TeilnehmerInnen ein Los (mit Buchstaben oder Zahl gekennzeichnet) ziehen und sich dann in Gruppen zusammenstellen. Wo sind die Mehrheiten? Wo stehen die „Gewinner“? Wer regiert jetzt?

Am Beispiel Österreich bei 9,1 Millionen gemeldeten EinwohnerInnen:

Untergruppe

Prozent

Lose bei 25 TN

AusländerInnen (Großteil aus EU-Ländern)

20,2%

5

Wahlberechtigte Nichtwähler oder ungültig gewählt

16%

4

Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren

10,4%

3

FPÖ

15,3%

4

ÖVP

14%

3

SPÖ

11,3%

3

Neos

4,9%

1

Grüne

4,5%

1

Restliche Parteien – nicht im Parlament vertreten

3,4%

1

Das bedeute, dass 50% der in Österreich gemeldeten Personen im Parlament nicht vertreten sind. Ist das demokratisch? Wie sehen das die einzelnen Untergruppen? vielleicht stellen sich die Personen zusammen, welche die jetzt regierenden Parteien vertreten. Sie wurden von mehr als 70% der Menschen nicht gewählt…

Eine Wahl (der Klassen- oder GruppensprecherIn, des Vereinsvorstandes…)

Dabei können Kinder/Jugendliche (auch Erwachsene) lernen worauf es bei einer Wahl ankommt. Vor der Wahl ist es sinnvoll, dass sich die Menschen kennenlernen, ihre Namen wissen und auch sonst einige Informationen ausgetauscht haben.

Der Ablauf: Alle sitzen im offenen Kreis, Flipchart und Stifte sind bereit.

  1. Wir sammeln gemeinsam die Tätigkeiten und Aufgaben der zu wählenden Funktion am Flipchart; mögliche Ergebnisse:

– organisatorische Kompetenz, Ausflüge, Projekte, Feste, Kassa…
– VermittlerIn gegenüber LehrerInnen und Direktion, Ämtern
– Vertrauensperson, interne/r VermittlerIn
– Informationszentrale (INFO-Wand ist hilfreich)
– moderiert „Time Out“ in der Klasse/im Verein

  1. Auf nächster Flip sammeln wir nützliche und notwendige Eigenschaften:

– redegewandt – kommunikativ – diplomatisch – sicher – konsequent – beharrlich – ausgleichend – logisch – lösungsorientiert – geduldig – belastbar – flexibel – begeisternd – anerkannt – entscheidungsfreudig – raffiniert…

  1. Zur Wahl: Jede Person erhält zwei Stimmkarten und gibt jemandem persönlich die Stimme(n), dabei können die Stimmen an zwei Personen gegeben werden oder beide Stimmen einer Person.
  2. Jede Person zählt ihre erhaltenen Stimmen. Jene 4 bis 6 Personen, welche die meisten Stimmen haben, kommen in einen inneren Kreis mit einer Moderation zusammen Jetzt ist die Zahl der erhaltenen Stimmen nicht mehr wichtig.
  3. Runde im Innenkreis: Wie geht es jeder/jedem damit? Will vielleicht jemand aus gutem (persönlichem) Grund die Aufgabe auf keinen Fall machen? Wer kann miteinander, in welchen Rollen (z.B.: KlassensprecherIn, VertreterIn, KassierIn… oder weitere selbstkreierte Rollen). Unter welchen Bedingungen kann die Aufgabe übernommen werden (zum Beispiel auf Probe und Zeit)?
  4. Wenn im Innenkreis Einigkeit entstanden ist und jene, die nicht mitmachen wieder in den Außenkreis gegangen sind, geht die Frage an den Außenkreis: „Gibt es einen guten Grund, der gegen dieses Ergebnis spricht? Etwas, das wir hier übersehen haben? Kann jemand mit diesem Ergebnis nicht leben?“ Einsprüche sind zu diskutieren! Wer einen Einspruch hat, sollte auch eine neue Idee einbringen.
  5. Dank und Applaus vom Außenkreis für jene, die Verantwortung übernehmen.

Eine solche Wahl macht etwas mit der Gruppe und das Ergebnis hat nachhaltige Wirkung.

Spiel und Demokratie – Literatur- und Linksammlung:

Das israelische Institut Betzavta hat zum Thema Demokratie viele Methoden und Spiele entwickelt. Einige Links dazu: 

https://www.demokratie-lernen.at/betzavta/

https://www.vielfalt-mediathek.de/betzavta-miteinander

Ihre Praxisbücher für politische Bildung:

Miteinander – Erfahrungen mit Betzavta
Ein Praxishandbuch auf der Grundlage des Werks »Miteinander« von Uki Maroshek-Klarman, Adam Institut, Jerusalem, mit vielen Übungen für die Praxis.

Adaption von Susanne Ulrich, Thomas R. Henschel und Eva Oswald
3. Auflage 2001, 204 Seiten ISBN 3-89204-817-7 

Mehr als eine Demokratie: Sieben verschiedene Demokratieformen verstehen und erleben – 73 Übungen nach der „Betzavta“-Methode, Taschenbuch

von Uki Maroshek-Klarman und Saber Rabi

Verlag Bertelsmann Stiftung 2015, 400 Seiten, ISBN: 978-3-86793-495-4

Mehr Demokratie e.V.  www.mehr-demokratie.de

Mitgliederverein mit 14 Landesverbänden

Veröffentlichung: Ute Scheub: „Demokratie – Die Unvollendete“

Sehr interessantes kleines Handbuch, kann unter dieser Adresse bestellt oder heruntergeladen werden. https://www.mehr-demokratie.de/publikationen/demokratie-die-unvollendete

Partizipationsmethoden

Mehr Demokratie durch Bürgerräte: www.buergerrat.de

Systemisch Konsensieren: Gemeinsam zu einem Ergebnis mit hoher Zustimmung finden: https://partizipation.at/methoden/systemisches-konsensieren/

Soziokratie als Organisationsform – Vertrauensvoll gemeinsame Ziele verfolgen

https://soziokratiezentrum.org/ueber-soziokratie/soziokratiewozu/

Leere Spielkarten zum Selbstgestalten gibt es bei https://piatnik.com/ in 1140 Wien.

Toni Wimmer ist erfahrener Trainer und Experte für Gruppenprozesse sowie partizipative Methoden. Er ist seit vielen Jahren bei AGB aktiv und gestaltet praxisnahe Seminare im Bereich Teamentwicklung und Moderation. Derzeit ist er als Trainer im Workshop „Gruppendynamik und Partizipation“ tätig und begleitet Gruppen bei der Entwicklung demokratischer Strukturen. Wenn du praxisnahe Methoden für eine bessere Zusammenarbeit in Teams kennenlernen und vertiefen möchtest, schau bei  Best of Beratung vorbei.